Ein paar Kindheitsphotos wohl nur um das Publikum einzulullen und dann geht es los:
„Uiäiäh", der Schrei geht durch Mark und Bein, wir sehen den Protagonisten in die Tiefe
abtauchen, zwei Zwischensicherungen fahren aus dem Fels und er hängt wie eine Spinne an
ihrem Faden wohl zwanzig Meter tiefer, unter dem riesigen Abschlussdach des zentralen
Wandausbruchs an der Westlichen Zinne Nordwand. Weil's so schnell ging noch einmal: Der
Betrachter leidet mit, fühlt den Sog der Tiefe wird mitten hineingenommen in das große
Abenteuer. Doch wie um einer Massenohnmacht unter den Zuschauern vorzubeugen,
wechselt Huber das Sujet: Der Übergang vom digitalen Videoclip in Schwarz-Weiß zu einer
Bergfilmsequenz aus dem Jahre 1953 ist so überraschend wie amüsant. Eine fesche Maid wird
Zeugin von Alexanders Absturz und stürmt in die Dreizinnenhütte, um die Bergrettung zu
alarmieren. Die Trenkerhelden rücken aus, um unseren Vortragsredner aus der Wand zu
holen. Gelungener hätte man sie nicht gegenüberstellen können, die Begehungsstile von einst
und jetzt.
Alexander Huber der jüngere der „Huaberbuam" aus Berchtesgaden erwies sich, vor nicht
ganz ausverkauftem Haus, als brillanter Entertainer, der seine spannenden Geschichten vom
Klettern im High-End-Bereich nicht einfach aneinander reiht. Ob es ums Freiklettern am El
Cap im kalifornischen Yosemite Valley oder um die Besteigungen von Cerro Torre und Fitz
Roy auf klassischen Routen im windumtosten Patagonien geht, atemberaubende Bilder
dokumentieren die außergewöhnliche Leistungsfähigkeit dieses Mannes. Alexander Huber
kommentiert sachlich und legt Hintergründe von Entscheidungen offen. Dass die Lachmuskeln auch etwas von dem Abend haben, dafür sorgen die Bilder und die treffend
gewählten musikalischen Untermalungen. Selbst die leisen Töne spielt Alexander ganz
vorzüglich, wenn er beispielsweise dem Bilderregen über eine Rotpunktbegehung seiner
Freikletterlinie „El Corazon" am El Capitan, mit Seillängen im 10.Schwierigkeitsgrad, ein
Kaleidoskop von Landschaftsbildern aus dem Yosemite Nationalpark hinterherschickt. Der
Fokus auf den zu bewältigenden Fels ist aufgehoben, der Horizont weitet sich und die Bilder
sind optimal platziert, um seiner Zufriedenheit mit sich und der Welt nach diesem Erfolg
bildhaften Ausdruck zu verleihen.
Gegen Ende wurden die Handinnenflächen der Zuschauer noch einmal befeuchtet, als der
Huaberbua von seinen free solo Begehungen einer Sportkletterroute (X-) an den
Schleierwasserfällen im Wilden Kaiser und der „Hasse-Brandler" (VIII+) an der Großen
Zinne Nordwand berichtete. Die Bilder von Alexander Hubers Lieblingsfotographen Heinz
Zak, die raffiniert mit Videoclips abwechselten, ließen den Betrachter ungewöhnlich nahe
heran. Da half es wenig, dass der, der da an kleinen Leisten hängend mit weit aufgerissenen,
von Überwachheit zeugenden Augen nach dem nächsten Griff schnappt doch offensichtlich
dabei nicht abgestürzt sein konnte, das Publikum litt und vergalt es dem Redner mit Applaus.
Man darf gespannt sein, was Alexander Huber als nächstes zu seinem Projekt erklärt. Der
Vortrag zeigte jedenfalls nicht nur sein enormes Kletterkönnen, sondern auch mit welcher
Professionalität die Erfolge photodokumentiert werden wollen, um marktfähig zu sein und
uns solch' unterhaltsame Abende bescheren zu können.
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